Carmify: November Playlist

Was ist eigentlich alternativ? Laut Duden all das, was „im Gegensatz zum Herkömmlichen steht“. Musikalisch hat sich im 20. Jahrhundert ein ganzes Genre daraus gebildet: „Alternative Rock“ stand für Künstler, die bewusst anders als der Rest waren. Heute gehört „Alternative“ zu einer der beliebtesten Musikrichtungen; ist aber dabei nicht mehr ganz so nah an den Ursprungsgedanken gebunden.

Für die Fans alternativer Musik ist sie nämlich die herkömmlichste Richtung, die es gibt. Was für den einen gewöhnlich ist, ist für den anderen unkonventionell – und umgekehrt. Vielleicht sollten wir – was unseren Musikgeschmack angeht – also mal alternativ denken. Vielleicht öffnen sich für den Beatles-Liebhaber neue Türen, wenn er Kelelas Electropop hört. Vielleicht lernt eine neue Generation durch King Krules abwechslungsreiches Album„The Ooz“, David Bowies musikalische Vielfalt lieben. Ungewöhnlich „poppig“ kommt Becks neues Studioalbum „Colors“ daher, und auch „The Killers“ schlagen mit „Wonderful World“ neue Töne ein. Wir erinnern uns außerdem an Tom Pettys experimentelles Debut-Solo-Album „Full Moon Fever“ zurück und feiern die Neuauflage von „The Queen is Dead“ von „The Smiths“.

Radiohead – Karma Police

Radiohead ist seit Jahrzehnten eine der einflussreichsten Alternative-Rock Bands und dabei wohl auch eine der experimentierfreudigsten. Eine richtige “Alternative-Inception” boten sie 1997 mit dem Song „Karma Police”. Er ist nicht nur im Genre alternativ(e) ist, sondern auch in seiner musikalischen Herangehensweise. Denn er weicht vom typischen Lied-Aufbau ab: Der Refrain besteht nur aus der sich wiederholenden Zeile „This Is what you get“ fühlt sich mehr wie ein leises Zwischenspiel an, nicht wie der Höhepunkt des Songs. Und auch der Tonartwechsel, der den Song mal hoffnungslos und dann wieder zuversichtlich wirken lässt zeigt, dass selbst kleine Änderungen große Auswirkungen haben können.

Get the Look:

St. Vincent – Los Ageless

„In Los Ageless, the winter never comes“ – dass sich Annie Clark alias St. Vincent auf Los Angeles bezieht ist sofort klar. Was sich zuerst positiv anhört – keine Kälte, endlose Sonne – wird gleich in der zweiten Zeile zunichte gemacht: „In Los Ageless the mothers milk their young“. Als Zuhörer muss man zugegebenermaßen schmunzeln. Auf eine charmante Art spottet sie über die Stadt, die niemals altert, in der Mütter zu „stage moms“ werden, in der das wichtigste der Erfolg zu sein scheint. „How can anybody have you and lose you and not lose their minds, too?“ Diese Frage stellt sie im Refrain und wirft einen erfrischenden Blick auf eine Stadt und gewissermaßen auch eine Gesellschaft, die nach Perfektion strebt.

Bing Crosby – I’ve Got Plenty To Be Thankful For

Keine große Yacht, kein Teller voll Kaviar – und trotzdem hat Bing Crosby auf dem Soundtrack für den Musikfilm „Holiday Inn“ einiges, für das er dankbar ist. Denn laut der Lyrics ist Materielles zweitrangig. Wichtiger ist es Arme zum umarmen und Lippen zum küssen zu haben. Und „Someone to adore!“ Wenige Wochen vor der Feiertags-Saison werden wir von allen Seiten ermahnt, dankbarer zu sein. Heutzutage empfinden wir vieles als selbstverständlich, sind gleichzeitig selbstkritischer mit uns, und scheinen oft nur das Negative zu sehen, mit der Entschuldigung “realistisch” zu sein. Dass wir viel mehr wertschätzen sollten ist keine neue Erkenntnis, trotzdem sollten wir uns öfter daran erinnern. Denn manchmal ist es viel erfrischender nicht realistisch, sondern optimistisch zu sein.

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Text by Vivian

Layout by Angela